Also noch mal von vorne. Ich komme auf Grenada an, es gibt keinen Geldautomaten, ich bekomme trotzdem irgendwie ein wenig Geld. Nehme ein Taxi zum AirBnb. Mit dem Taxifahrer quatsche ich schon gut. Als er mich raus lässt bin ich erst mal ein wenig von der Straße vor mir überfordert. Hier ist Linksverkehr und es fahren einfach sehr sehr viele Autos. Schwer die Straße zu überqueren. Doch mal wieder merke ich wie freundlich die Leute hier sind, ein Auto sieht mir meine Überforderung an und stoppt einfach komplett für mich. Ich freue mich, laufe über die Straße und bedanke mich. Als ich auf das Grundstück gelange, von welchem ich hoffe, dass es mein AirBnb ist (irgendwie gab mir AirBnb nur ne Straße und keine Hausnummer oder sonstiges), läuft da auch direkt so ein Typ rum. Ich quatsche ihn an mit „hey ist das hier mein AirBnb?“ und er stimmt zum Glück zu. Er ist super freundlich und bringt mich in Sekundenschnelle zu meinem Apartment, keine Bürokratie oder so, ich musste nicht mal meinen Namen sagen. Dort zeigt er mir alles, das Bad, die Küche, die Klimaanlage im Schlafzimmer, die Mückenschutzgitter, den Safe… einfach alles, was man in so einer kleinen Wohnung haben kann. Doch was mich am meisten fasziniert ist der Blick von der Terrasse. Zwar dämmert es schon (wir liegen fünf Stunden hinter Deutschland) und der Blick ist nicht mehr optimal, doch das macht gar nichts. In ein paar Metern Entfernung sehe ich das Meer schimmern, davor ist es einfach nur grün. Keinen Meter von mir entfernt wächst ein Bananenbaum, dahinter eine Kokospalme. Als ich Kevon darauf anspreche, deutet er nur auf die Mangos ein Stück weiter rechts und erzählt, dass auch Passionsfrucht und vieles mehr hier wachsen. Er sagt nicht vieles mehr, sondern zählt es auf, ich habe nur leider vergessen was es alles war. Auf jeden Fall ein Paradies auf Erden auf das ich hier schaue. Dazu gibt es zwei gemütlich aussehende Stühle, die ich die nächsten Tage definitiv noch nutzen werden. Doch jetzt beschließe ich, dass es Zeit ist erst mal ne kleine Runde zu drehen. Ich brauche schließlich neues Bargeld und will nicht sofort schlafen gehen (es ist mittlerweile 18 Uhr), um keine Probleme mit der Zeitverschiebung am Morgen zu haben. Auch wenn es schon dunkel ist nehme ich also meine drei Sachen und laufe los. Kevon meinte zu mir die Insel ist nicht gefährlich, natürlich sollte ich aufpassen wie überall anders auf der Welt auch, doch ich brauche mir keine Sorgen machen abends rauszugehen.

Ich schlendere die Straße lang Richtung Stadt und jeder Mensch, der mir begegnet, grüßt mich. Nette Leute hier. Nach 10 Minuten quatscht mich tatsächlich auch einer von der Seite an, wie es mir geht, bla bla bla. Ich denke es schadet nie mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen und lasse mich einfach drauf ein. Wir quatschen ein wenig und als wir auf Höhe des Geldautomaten sind verabschiede ich mich höflich und meine, dass ich jetzt erst mal Geld abheben muss. Aus Neugierde setze ich danach meine Runde um den Hafen Port Luis Marina dort. Ca. 300 Meter später treffe ich wieder auf meinen neuen Freund. Wir setzen unsere Runde gemeinsam fort und irgendwo da beschließt er mir St. George, die Hauptstadt zu zeigen. Da alle Geschäfte die ich gesehen habe geschlossen hatten (es ist Sonntag Abend), frage ich ihn ob ich irgendwo noch ein Wasser kaufen kann. Er meint er besorgt mir eins. Fünf Minuten später halte ich eine Flasche Wasser in der Hand & er weigert sich mich bezahlen zu lassen. Okay. Danke. Schönes Willkommensgeschenk. Ala (so sein Spitzname) ist ein guter Tourguide und so lerne ich den einzigen Tunnel Grenadas kennen – normale Menschen fahren mit dem Auto durch, wir laufen. Ansonsten habe ich zumindest so im Dunkeln das Gefühl St George ist nicht so sehenswert. Ich weiß gar nicht was genau ich für Erwartungen hatte, doch irgendwie ist alles ärmer als ich mir das vorgestellt hatte. Auf Grund der Anreise- und Übernachtungskosten hatte ich Grenada für luxuriöser gehalten, doch wer an chicke Cafés am Hafen denkt, liegt hier falsch. Alles hat seinen Charme, doch es sieht sehr funktional aus. Menschen leben auf ihren Booten (Fischerboote etc.) und wohnen in kleinen Hütten am Straßenrand. Natürlich nicht alle, doch die Armut ist nicht zu übersehen. Dennoch sind alle die bisher kennenlernte super freundlich und gastfreundlich. Schon mein Taxifahrer meinte er müsse mich an Weihnachten auf einen Cocktail einladen, denn es ist das Fest der Liebe und Gemeinschaft und er möchte nicht, dass ich alleine bin. Falls ich jemals Sorge hatte mich in diesem Urlaub einsam zu fühlen: alle Gedanken daran wurden in den ersten Stunden ausgelöscht. Ich glaube eher lerne ich hier mehr Personen kennen als mir lieb ist.

Unsere Tour endet beim Stadium von Grenada, wo heute Big Bingo Abend ist. Vor dem Eingang sind hunderte Stände mit Streetfood und Ala grüßt jeden zweiten. Er weigert sich mich ohne Essen nach Hause gehen zu lassen und so essen wir panierte Hühnchen mit Pommes mit Blick auf das Meer. Durfte ich zahlen? Nein. Und das bei einem wildfremden, den ich gerade seit einer halben Stunde kenne. Er meint es ist mein erster Tag auf Grenada, er will, dass ich ihn genieße. Er schwärmt für sein Land, obwohl er mal in den USA gelebt hat, hat er nur Augen für Grenada. Er meint hier sind alle entspannt und das Leben ist lebenswert. Auf Anfrage besorgt er mir ein lokales Bier und wir beobachten eine Weile das treiben rund ums Stadium. Natürlich wird sich dabei mir allen möglichen Leuten unterhalten, die mich auch brav alle fragen wie es mir geht. Alle strahlen mich an. Solch freundliche und offene Menschen habe ich schon lang nicht mehr erlebt. Ich fühle mich direkt akzeptiert auf der Insel, auch wenn ich weit und breit der einzige Mensch mit heller Haut bin. Ala erklärt mir auch bei unserem Spaziergang durch die Stadt wo die Touri-Shops sind an denen ich nichts kaufen soll, ich soll mich wie eine Einheimische verhalten. Noch 2-3 Tage, dann gehöre ich hier sowieso dazu. Ich muss schmunzeln. Auf dem Rückweg kauft er mir noch irgendwelche Blätter für Tee und Obst – ich muss ja auch die lokalen Anbauten kennenlernen. Statt einer riesigen Tüte getrocknete Blätter bekomme ich gleich zwei, der Protest, dass ich so viel Tee gar nicht trinken kann wird direkt abgewehrt mit der Aussage, dass ich auf dem Boot direkt bei jeder Insel Tee machen kann. Äh ja okay, dann werde ich wohl viel Tee trinken in den nächsten Wochen. Als wir zurück bei meinem AirBnb sind bedanke ich mich noch für die unglaubliche Tour, wir tauschen Nummern um uns die Tage noch mal zu sehen und dann falle ich auch schon todmüde ins Bett.

Mal schauen was der Tag heute so für mich bereithalten wird. Erst mal habe ich auf jeden Fall Hunger auf lokales Frühstück.


1 Kommentar

Toni · 19. Dezember 2022 um 22:05

Und ihr habt nicht mit Bingo gespielt?!
Klingt nach einem wirklich tollen Willkommen und zeigt mal wieder, warum Reisen so schön ist 😊

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