Wenn ich ein Rating über unsere Reiseländer machen müsste, stünde Saudi Arabien definitiv an Stelle eins. Auch wenn wir uns am Anfang schwer damit taten, die Städte schön zu finden, hat die Kultur dort einiges rausgerissen. In Saudi Arabien fühlten wir uns am sichersten und die Leute waren unendlich freundlich. Das Land hat noch viele Traditionen bewahrt und ist definitiv eine Reise wert. 

Oman hingegen geht schon mehr in die Moderne, hat aber eine wunderschöne, je nach Jahreszeit sogar grüne, Landschaft. Eventuell muss ich hier noch mal herkommen, wenn alles grünt. Auch mit der Freundlichkeit der Einwohner, macht Oman den 2. Platz in meinem Rating. 

Nachfolgend kommt Katar (bzw. Doha, viel mehr haben wir ja nicht gesehen). Doha ist ziemlich modern, vermutlich hat sich dort auch mit der Fußball WM noch mal sehr viel bewegt. Es macht Spaß diese lebendige Stadt anzuschauen und die Wolkenkratzer zu bestaunen. Dennoch hat auch Doha noch einige alte, traditionelle Orte und ich finde es hat den Spagat zwischen Tradition & Moderne gut gemeistert. 

Auf Platz 4 ist für mich Kuwait. Kuwait war eigentlich wenig spektakulär, doch ein guter Einstieg in die arabische Welt. Hier lernten wir die Kultur langsam kennen und konnten uns in einer recht ruhigen Stadt mit halbwegs vernünftigem ÖPNV schon mal eingewöhnen. Kuwait ist definitiv nicht mehr so traditionell wie Saudi Arabien, aber definitiv auch nicht so modern und westlich wie Katar. 

Am wenigsten gefallen hat mir tatsächlich Bahrain, vielleicht weil es am ehesten an das rankommt, was ich von zuhause kenne. Für die Saudi Araber ist Bahrain das Land der Sünden. Hier kann man Alkohol trinken, feiern gehen, kurze Kleidung tragen oder auch einfach die nächste Prostituierte suchen. Und jeder findet es ganz normal. Bahrains Bevölkerung hat ungefähr 50% Einwanderer, wovon wiederum 50% Inder und Pakistani sind. Dadurch gibt es wahnsinnig viel indische Kultur & indisches Essen mag ich einfach nicht. Auch die Bitte nach „Not spicy“ führte jedes Mal zu einem scharfen Gericht. In Bahrain fühlte ich mich irgendwie am unsichersten und kann gar nicht genau sagen warum. Vielleicht war es mir nach dem entspannten Saudi Arabien einfach zu viel Großstadttrubel. 

Der Tourismus in den Ländern ist eine spannende Sache. Gerade Saudi Arabien hat das Land erst 2019 für Touristen geöffnet. Doch auch in den anderen Ländern unserer Reise merkte man, das Tourismus nicht das am weitesten entwickelte Thema ist. Je nach Land gab es wenig bis gar keinen öffentlichen Personenverkehr, von Hostels und co. konnte man nur träumen. Uns wurde erklärt, dass der Tourismus nach den Vorstellungen vor Ort aufgebaut wird. Die Länder im Nahen Osten haben durch Öl und andere wertvolle Güter wie Perlen und Weihrauch viel Geld gemacht und so gibt es für sie nicht die Notwendigkeit günstig zu reisen. Sich ein Zimmer oder den Bus mit Fremden zu teilen, entspricht nicht ihren Vorstellungen von Urlaub. Oft wurden wir ungläubig angeschaut, wenn wir erzählten wir hätten den Bus zwischen Städten genutzt und es wurde assoziiert, dass es die schlimmste Reise unseres Lebens gewesen sei. Auf der anderen Seite berichteten uns gerade im Oman alle Einheimischen von den 5*Hotels entlang der Strände, sie scheinen sie wirklich zu beschäftigen, vor allem aber auch, weil hier der Alkohol in Massen fließen soll. Auch auf unserer Delfin-Tour fuhren wir mit dem Boot mehrere „Aussichtspunkte“ auf 5*Hotels an. Wie andere Länder reisen und dass sich nicht jeder Reisende ständig Taxis leisten kann und will ist im Nahen Osten einfach noch nicht so ganz angekommen. Wir sind gespannt, wann und ob sich daran etwas ändert. 

Wenn man sich also aus mangelnden Alternativen für einen Fußweg entschieden hat, muss man aufpassen. Sie sind in unseren Reiseländern nur mäßig gestaltet, der Verkehr wurde auf Autos ausgelegt. So sind die Wege oft sehr weit und der einzige Weg als Touri von A nach B zu kommen ist das Taxi. Falls man sich doch entschließt zu laufen, läuft man Gefahr sich an einer Schraube im Boden den Fuß aufzureißen (meiner ist zum Glück schnell verheilt 😉). Die Information, die man online zu den Ländern findet, sind unzureichend. So stellten wir zum Beispiel fest,

dass nicht mal die Busgesellschaft selbst auf ihrer Internetseite angibt, dass es einen Bus von Jeddah nach Al Ula gibt, dabei ist Al Ula DER touristische Ort im Land. Hätten wir nicht Jassim getroffen, hätten wir vermutlich nie von diesem Bus erfahren und wären nicht nach Al Ula gekommen. Auch an den Flughäfen bekamen wir bei den Infoständen falsche Infos, die die Reise erschwert hätten, wenn wir ihnen vertraut hätten. 

Man merkt, dass der Tourismus im Aufbau ist und dran gearbeitet wird, Dinge zu verbessern. So ist Katar durch die Fußball WM schon recht weit, während Saudi Arabien uns in Jeddah wirklich mit dem freundlichen Empfang am Flughafen überraschte. Leider blieb es auch bei dem Empfang, in der Stadt selber merkte man dann wenig von Tourismus. Auch wollte uns der Infostand E-Mails mit Informationen schicken, doch leider schien irgendwas nicht zu funktionieren und so hatte ich drei SMS und fünf Mails ohne Inhalt von ihnen, als wir im Hotel ankamen. Ich beließ es einfach dabei. 

Ein weiteres spannendes Thema für viele ist der Alkohol in den Golfstaaten. Wir hatten uns am Anfang der Reise dafür entschieden keinen Alkohol zu trinken und sind auch dabei geblieben. Die Möglichkeit an Alkohol zu kommen ist in fast jedem der Golfländer gegeben, beschränkt sich jedoch überwiegend auf 5* Hotels, ist übermäßig teuer und prinzipiell eher ungern gesehen. Wir hatten uns mit verschiedenen Einheimischen über das Thema unterhalten, oft weil sie uns fragten, ob wir etwas trinken wollen. Sie hätten uns dann auch gerne in eins der 5*Hotels gefahren. Wir lehnten immer ab. Warum? Vielleicht aus Respekt vor der Kultur, vielleicht weil wir einfach bei unserem Entschluss bleiben wollten, aber vor allem, weil es uns gar nicht störte. Wir hatten wunderschöne Abende mit Tee und Kaffee und auch die Hitze machte das Alkohol trinken nicht unbedingt attraktiv. Es fehlte uns an absolut gar nichts und ich überlegte schon, ob ich in Zukunft auch zuhause auf Alkohol verzichten sollte. Aber keine Sorge, so weit kommt es vermutlich nicht 😉 Die Einheimischen selber hatten verschiedene Meinungen zum Alkohol, einige tranken ihn, viele hätten es okay gefunden wenn wir ihn getrunken hätten (das selbe gilt übrigens auch für kurze Kleidung tragen) und ein paar waren komplett dagegen. Der übermäßige Alkoholkonsum und die Partys in den 5*Hotels schienen sie gleichermaßen zu stören wie auch zu faszinieren. Alkohol ist definitiv ein Thema, was viele Menschen im Nahen Osten beschäftigt, wenn sie auf Touristen treffen, doch eine einheitliche Meinung gibt es nicht. 

Das Wetter im Nahen Osten ist das nächste Thema, welches zu einigen Fragen führte. Einheimische scheinen die Hitze zu hassen und freuen sich wie Kinder über jeden Regen. Oft sagten sie „wenn es regnet, dann sind wir alle glücklich“. Und auch bei uns zuhause war der ein oder andere irritiert, warum wir uns freiwillig in langer Kleidung der Sommerhitze in der Wüste stellen wollen. Ich hatte vor dem Urlaub lange Leinenkleidung besorgt und bin damit eigentlich ganz gut gefahren. Klar, es war warm, aber irgendwie war es immer aushaltbar. Mit kurzer Kleidung wäre es auch warm gewesen. Es machte also kaum einen Unterschied. Um einem Hitzeschlag zu entgehen, haben wir uns gerade zur Mittagszeit öfters mal in öffentliche Gebäude retten müssen, denn dort liefen die Klimaanlagen ohne Ende. Somit überlebten wir gut und erstaunten noch die meisten Einheimischen damit, dass wir tagsüber das Haus verließen. 

Während unser zwei Wochen hatte ich des Öfteren das Gefühl super viel gelernt zu haben. Über die Kultur und wie die Menschen hier ticken. Alle waren unendlich freundlich zu uns, luden uns ein und brachten uns Geschenke. Ich glaube tatsächlich wir haben auf der Reise maximal 50% unserer Speisen selbst bezahlt und das nicht, weil wir es nicht versucht hätten. Im Nahen Osten bestehen die Menschen einfach drauf ihre Gäste besonders gut zu behandeln und alles für sie möglich zu machen. Wir wurden durchgehend mit offenen Armen empfangen und ich hätte mir keine besseren Gastgeber wünschen können. 

Dennoch haben wir von einigen Einheimischen gehört, dass sie sich von all ihren Freunden verabschiedet haben, weil Freundschaften hier scheinbar selten in die Tiefe gehen und gesellschaftliche Zwänge dafür sorgen, dass sie sich nur nach außen hin freundlich geben Sie leben nun lieber allein. Das ließ mich öfter ins Nachdenken kommen und daran zweifeln, wie ernsthaft und auch freiwillig diese Freundlichkeit ist. Es gehört zur Kultur, doch was hinter geschlossenen Türen geschieht, ist oft schwer einzuschätzen. 

Jedes Mal wenn wir Fragen zur Kultur hatten, wurden sie uns offen und ehrlich beantwortet. So haben wir natürlich auch öfters die Rolle der Frau und Partnerschaften im Allgemeinen diskutiert. Auch Religion spielte oft eine Rolle und uns wurde immer das Gefühl gegeben, es sei vollkommen okay, wenn wir anderer Meinung sind. Keiner probierte uns zu bekehren oder ein Weltbild aufzudrücken, was zu unserem nicht passt. Auf mich wirkten unsere Gesprächspartner sehr offen, tolerant und auch informiert gegenüber unserer Kultur. Aussagen, die für uns vermutlich als zu traditionell oder gar einschränkend gelten, wurden mehr aus Selbstverständlichkeit in ihrer Kultur getätigt, waren aber stets diskutabel und jegliche Gegenmeinung unsererseits wurde offen angenommen. Wir als Frauen und jegliche unserer Ansichten wurden stets mit Respekt behandelt. Den Menschen vor Ort ist durchaus bewusst, dass die westliche Welt ein bestimmtes Bild vom Nahen Osten in den Medien widerspiegelt und so wurden wir auch oft gefragt, welche Erfahrungen wir gemacht haben und welche Vorurteile/Klischees wir zuhause mitbekommen haben. 

Im Endeffekt wurde genau das widerlegt, was Anderen vor unserer Reise viel Kopfzerbrechen bereitete: in Deutschland kursieren viele Vorurteile und Klischees, die sich vor Ort kaum noch nachvollziehen lassen. Wie oft wir im Vorfeld gefragt wurden warum wir dorthin fahren und uns gesagt wurde, dass wir aufpassen müssen, vor allem als Frauen, ist kaum zählbar. Doch im Endeffekt habe ich mich in kaum einem Urlaub sicherer oder mit mehr Respekt behandelt gefühlt. Für jeden, der sich ein eigenes Bild machen will, lohnt sich so eine Reise in den Nahen Osten definitiv. Auch alleine als Frau hätte ich mittlerweile keine Bedenken mehr. 

Kategorien: Naher Osten

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